Das Menschenbild der mentalen Technologie

Ein Menschenbild, das nur aus einem Körper besteht, ist eigentlich kein Menschenbild – auf jeden Fall keines, zu dem man durch reichliche Überlegung gelangt sein könnte. Der Körper ist ja nicht zu übersehen. Natürlich gehen wir auch in der mentalen Techno­logie vom Körper aus. Wir legen sogar gesteigerten Wert auf ihn. Es ist schließ­lich der empfindlichste und sterbliche Teil des Men­schen; und es ist darüber hinaus derjenige, mit dem wir uns gewöhnlich am meisten identifizieren.

Der Körper besteht aus dem Herz-Kreislauf-System und dem Lymphsystem zum Trans­port von Stoffen und Blutzellen, dem Atmungssystem zur Aufnahme von Sauerstoff und Abgabe von Koh­lendioxid, dem Immunsystem zum Schutz des Körpers, dem Verdau­ungstrakt zur Aufnahme von Wasser und Nahrung, um Energie daraus zu gewinnen und körpereigene Stoffe daraus herzustellen, und zur Ausscheidung von unbrauchbaren Stof­fen. Er umfasst den Bewegungsapparat, einschließlich Skelett, Mus­kulatur, Sehnen, Bändern und Knor­peln. Häute begrenzen die verschiedenen Gewe­be nach außen und innen. Der Geni­taltrakt ist zuständig für die Fortpflanzung. Der gesamte Bauplan ist in den Chromosomen einer jeden Zelle enthalten.

Eine übergeordnete Rolle spielt das Nervensystem. Es besteht aus zwei Teilen. Das sensorische Nervensystem steht zusammen mit Sinneszellen und -organen im Dienste von Wahrnehmung und Empfindung (körperliche Wahrneh-mung). Das motorische System leistet zusammen mit Drüsen der inneren Sekretion die willkürliche Bewegung des Bewegungsapparats sowie die unwill-kürliche (autonome) Bewegung der Muskula­tur der inneren Organe.

Das sensorische Nervensystem ist die Schnittstelle zwischen Körper und Verstand. Mit der Ausreifung des Nerven­systems werden Wahrnehmungen und Empfindungen möglich, die als Erinnerungs­bilder mit allen beteiligten Wahrneh-mungsmodi gespeichert wer­den. Der erste Teil des Verstands ist daher der Bilderverstand. Er ermöglicht Erin­nerung und Denken. Aus wiederkehrenden ähnli­chen Wahrnehmungen bilden sich Begriffe, aus wiederkehrenden ähnlichen motorischen Abläufen motorische Schemata. Sie ermöglichen die Auffassung (unmittelbare Erkennt­nis) bzw. automatische Bewe­gungsabläufe.

Menschen ordnen Begriffen und motorischen Schemata Zeichen in Form von Wörtern zu, die sie im sozial vermittelten System einer Sprache unterbringen. So entsteht als Erweiterung des Bilderverstands der sprachliche Verstand – der das verhältnismäßig schnelle und effektive Denken des Menschen ermöglicht. Andere Erweiterungen des Bilderverstands sind möglich. Ein Beispiel ist der musikalische Verstand des Musikers.

Der Körper und die verschiedenen Einheiten des Verstands existieren in einem Kraft­feld. Es hat im Laufe der Zeit schon eine ganze Reihe von Bezeichnungen erhalten (siehe Hintergründe). Wir nennen es den „Körperverstand“ oder einfach die Seele. Sie ist Träge­rin des menschlichen Bewusstseins. „Bewusst­seinsfärbungen“ oder Emotionen ent­sprechen wahrgenommenen Überlebenspo-tentia­len – angefangen von Begeisterung über Langeweile bis zu Apathie.

Der reflektierende Mensch besteht aus einer weiteren Entität. Die alten Ägypter nannten sie den „Ba“, die nicht ganz so alten Griechen den „Daimon“. Wir nennen sie, unserer philo­sophischen Tradition folgend, den „Geist“ oder das geistige Wesen – wenngleich „Seele“ und „Geist“ meist durcheinander geworfen wurden.

Das geistige Wesen schläft gewöhnlich mehr oder weniger. Doch es nimmt durchaus – wie unterbewusst auch immer – Einfluss auf den menschlichen Verstand. Es kann in Augen­blicken von höchstem Glück oder schlimmstem Entsetzen wach werden. Hier haben wir das Erlebnis der „großen Liebe“, manchmal auch der Liebe zu seinen Kindern, solange sie sich noch nicht allzu sehr in die Verrücktheiten der Gesellschaft verstrickt haben. „Jedes Leben hat sein Maß an Leid. Manchmal bewirkt eben dieses unser Erwachen“, so sagte es Siddhartha Gautama. Das geistige Wesen ist, wer oder was Sie im Grunde sind.

 

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